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PCB: Polychlorierte Biphenyle
R.S., 24.03.2016
Hier zunächst 3 Hinweise / Quellen, auf die ich mich im folgenden vor allem beziehe:
- der Plusminus-Beitrag von Alexa Höber vom 23.03.2016 "Billiger Baustoff mit bösen Spätfolgen"
- das im März 2015 online erschienene Buch von Dr. Hans-Ulrich Hill "Schadstoffe an Schulen und öffentlichen Gebäuden"
- die IARC-Monographie zu PCBs und PBBs aus 2013
PCBs gehören zu den 'persistenten organischen Schadstoffen' (POP = persistent organic pollutants) und als chlorierte Kohlenwasserstoffe zu dem 'Dreckigen Dutzend' der Verbotsliste des Stockholmer Übereinkommens von 2001. Hier der Internet-Auftritt der Stockholm Convention.
Aber obschon PCBs in der Herstellung seit 1978 (USA) und 1988 (Europa) verboten sind, sie sind überall, eben weil sie schwer abbaubar sind, persistent. Die Krebsagentur der WHO, IARC, setzte PCBs im Jahr 1978 auf die Liste 'wahrscheinlich krebserzeugend', eine Einschätzung, die die IARC in 2013 noch verschärfte (Liste 1, krebserzeugend).
Imre Kerner: Die kalkulierte Verantwortungslosigkeit
Zitat aus dem ersten Kapitel des Buches von Imre Kerner und Toya Maissen "Die kalkulierte Verantwortungslosigkeit - Der Basler PCB-Skandal", 1980:
"Die Vergifung wird nicht zur Kenntnis genommen oder Der Lernzprozess eines Naturwissenschaftlers.
Polychlorierte Biphenyle (PCBs)
Die PCBs werden seit 1929 industriell hergestellt. Sie haben bemerkenswerte Eigenschaften: thermische Stabilität, Isolierfähigkeit und Beständigkeit gegen Chemikalien. Sie werden zum Beispiel bei der Herstellung von Kondensatoren und Transformatoren, als Isolier- und Kühlflüssigkeit, als Hydraulikflüssigkeit für Hubwerkzeuge, Weichmacher für Lacke, Harze und für Kunststoffe, als Papierbeschichtungsmittel für Kopierpapiere, als Zusatz für Klebstoffe, als Imprägnier- und Flammschutzmittel für Papier, Gewebe und Imprägnierfarben und in geringen Mengen als Zusatz zu Insektiziden verwendet.
PCBs sind krebserzeugend. Sie verursachen Hautveränderungen (Chlorakne), schädigen Leber, Milz, Nieren und das Nervensystem und mindern körpereigene Abwehrmechanismen gegen Krankheiten.
Die PCBs werden in der Natur praktisch nicht abgebaut. Sie sind bereits auf der ganzen Welt zu finden. Im Polareis genauso wie im Meerwasser oder in der Luft. Weil sie durch die Nahrungskette angereichert werden, sind sie bereits zum "Bestandteil" der Muttermilch geworden. Ebenso wurden sie auch in der Samenflüssigkeit des Mannes nachgewiesen und für eine verminderte Zeugungsfähigkeit verantwortlich gemacht. Praktisch alle Menschen, die in den industrialisierten Ländern leben, haben PCBs im Fettgewebe.
Bei der Verbrennung von PCBs - in den Müllverbrennungsanlagen oder bei der Vernichtung von industriellen Abfällen - entstehen die noch giftigeren chlorierten Dioxine und Dibenzofurane. Nur in Spezialöfen mit sehr hohen Flammtemperaturen (über 1100 Grad Celsius und speziellen Verbrennungsbedingungen) können PCBs vernichtet werden. Solche Spezialöfen wurden bislang nur in wenigen Ausnahmefällen angeschafft.
Die Verwendung von PCBs wurde in vielen Ländern durch gesetzliche Regelungen eingeschränkt oder wie zum Beispiel in Schweden gänzlich verboten. Dabei sind Ersatzprodukte, die die Produktion und Verwendung von PCBs überflüssig machen, vorhanden."
Auf die Geschichte des Sandoz-Chemikers Imre Kerner, der in Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber letztlich aufgeben musste und 1978 zum deutschen Umweltbundesamt wechselte, wird an anderer Stelle zurückzukommen sein. Hierbei ist der letzte Teil des o.a. Buches hilfreich, geschrieben von Toya Maissen: "Die Vergiftung wird zu den Akten gelegt oder Der Lernprozeß einer Journalistin"
"Zur Problemgeschichte der PCB"
Eine gute Einführung in die Geschichte der Polychlorierten Biphenyle, die, wie die Autoren schreiben, "von Anfang ihrer großtechnischen Herstellung an, die 1929 begann, mit einer bedenklichen Problemgeschichte verknüpft" war, bietet der Artikel "Leukämie bei Kindern durch PCB-belasteten Hausstaub in der umg. In der Darstellung der kindlichen Leukämie durch PCB beziehen sie sich auf Ward et al., 2008 "Residential Exposure to Polychlorinated Biphenyls and Organochlorine Pesticides and Risk of Childhood Leukemia"
Das Buch von Dr. Hans-Ulrich Hill
Das Titelblatt zeigt schon den Skandal: Es sind Kinder betroffen, Schulkinder, die tagaus tagein PCB-Ausgasungen und andere Schadstoffe einatmen, in Schulgebäuden aus den 60ern oder 70ern, die entweder noch gar nicht oder eben falsch saniert sind.
Hans-Ulrich Hill, der selbst in einer PCB-belasteten Schule unterrichtet hat (Diltheyschule, Wiesbaden), greift diesen politischen Skandal vom Titelbaltt bis zur letzten Seite auf, weswegen hier sein Schlusswort wiedergegeben sei: